Edelstahl, Holz oder Amphore? Welche Rolle spielt der Ausbau für einen Wein?

Die Art des Ausbaus spielt eine entscheidende Rolle in der Weinbereitung und beeinflusst maßgeblich das sensorische Profil eines Weins. Man unterscheidet bei den Ausbauarten zwischen Reifung in Edelstahltanks, im Holzfass und in Amphoren. Alle drei Methoden haben eine lange Tradition, unterscheiden sich jedoch stark in ihren Einflüssen auf Struktur, Aromen und Mundgefühl des Weins. Doch was genau sind die Unterschiede? Und welche Intention steckt hinter der Wahl der jeweiligen Methode?
Der Edelstahltank - Frische und Frucht
Der Ausbau im Edelstahltank ist bei Winzern insgesamt beliebt, denn sie sind für ganz große und ganz kleine Mengen eine zuverlässige Ausbauweise. Ein wesentlicher Vorteil ist zudem die Tatsache, dass Edelstahltanks einfach zu reinigen sind.
Sensorische Eigenschaften von Edelstahltank-Weinen:
- Frische und Frucht im Vordergrund
- Keine Einflussnahme durch das Gebinde auf den Geschmack des Weines: Edelstahl gibt keine eigenen Aromastoffe an den Wein ab.
- Klare Rebsortentypizität
Die Idee des Ausbaus im Edelstahltank ist es, Weine möglichst unbeeinflusst von äußeren Einflüssen reifen zu lassen. Durch den reduktiven Ausbau, ohne Sauerstoffkontakt, bleiben Frische und Frucht, sowie eine gewisse Spritzigkeit und Klarheit im Wein erhalten. Das Ziel ist, einen Wein so herzustellen, wie der Winzer ihn möchte, ohne weitere Entwicklung zu wollen und das Terroir und die Rebsorte möglichst „echt“ auf die Flasche zu bringen.
Das Holzfass – Reife und Komplexität
Der Ausbau im Holzfass, insbesondere in Barriques aus Eiche, hat eine lange Tradition in vielen Weinregionen, von Bordeaux bis zur Toskana. Holzfässer beeinflussen nicht nur die Aromatik eines Weins, sondern auch seine Struktur und Lagerfähigkeit.
Sensorische Merkmale von Holzfass-Weinen:
- Vanille, Röstaromen und Gewürznoten: Holz kann Aromen an den Wein abgeben – von Vanille über Karamell bis zu Rauch- und Würznoten. Hier ist zwischen verschiedenen Toastinggraden der Holzfässer zu unterscheiden, denn diese können stärker oder schwächer geröstet sein. Je stärker das Toasting, desto intensiver die Aromen, die in den Wein übergehen können. Ebenso Einfluss nimmt das Alter der Fässer auf den Wein. Je öfter das Fass belegt wurde, desto schwächer die Holznoten im Wein.
- Komplexere Tanninstruktur: Holz beeinflusst die Tanninstruktur des Weins, was besonders bei Rotweinen zu mehr Fülle und Langlebigkeit führt.
- Weichere Textur: Die kontrollierte Sauerstoffzufuhr während der Reifung sorgt für eine Abrundung der Tannine und eine geschmeidigere Mundfülle.
- Erhöhte Lagerfähigkeit: Durch die langsame Reifung im Holz entwickelt sich der Wein über die Jahre harmonischer und komplexer.
Das Ziel des Holzfass-Ausbaus ist es, dem Wein eine zusätzliche Dimension und Tiefgründigkeit zu verleihen, die Tanninstruktur geschmeidiger zu machen und ihm ein Reifepotenzial zu geben.
Die Amphore – Tradition trifft auf Purismus
Die Amphore gehört zu den ältesten Gefäßen der Weinherstellung, die bereits zur Weinherstellung bei den alten Römern genutzt wurde. Besonders in Georgien, wo die sogenannten "Qvevris" seit Jahrtausenden genutzt werden, ist der Amphoren-Ausbau bis heute tief verwurzelt. Noch immer wird diese Ausbauweise dort genutzt, aber auch international erlebt diese Methode eine Renaissance, insbesondere in der Naturweinszene.
Sensorische Merkmale von Amphoren-Weinen:
- Reinheit der Frucht: Amphoren-Weine präsentieren oft eine unverfälschte Fruchtcharakteristik, da das Material (meist Ton oder Terrakotta) keine eigenen Aromen abgibt.
- Oxidative Noten: Die Sauerstoffzufuhr ist stärker als bei Edelstahltanks, aber geringer als bei Holzfässern (keine bis minimale Sauerstoffzufuhr), was dem Wein eine gewisse Reife und eine samtige Textur verleiht.
- Mineralische und erdige Töne: Das poröse Material kann mineralische oder erdige Noten fördern, was dem Wein eine zusätzliche Dimension verleiht.
Ziel des Amphoren-Ausbaus ist es, den Wein möglichst naturbelassen zu erhalten, mit minimalem Einfluss von außen. Dazu werden die Tongefäße in den Boden eingelassen oder verbuddelt, mit angepressten, ganzen Trauben gefüllt und verschlossen. Die Maische wird über mehrere Monate sich selbst überlassen, durch das Einbuddeln der Tonkrüge bleibt deren Temperatur konstant. In modernen Kellereien werden die Amphoren stehend in Gestellen oberhalb der Erde gelagert, das Prinzip bleibt gleich. Das Ergebnis sind oft charaktervolle, terroirbetonte Weine, die unkonventionell, aber faszinierend sein können.
Edelstahltank, Holzfass, Amphore – Was will man erreichen?
Die Wahl des Weinausbau hängt stark davon ab, welchen Stil der Winzer anstrebt: In Edelstahltanks gereifte Weine gelten oftmals als „easy-drinking“ und früher zugänglich, da sie fruchtbetont und frisch daherkommen. Diese Weine werden eher jung getrunken und sind bei einer breiten Weintrinkerschaft überaus beliebt. Komplexität kann dennoch durch Methoden wie einem langem Hefelager im Edelstahltank erzeugt werden. Durch das neutrale Material kann der Winzer mittels Edelstahltankausbau den ursprünglichen, eigenen Charakter des Weines erhalten.
Holzfass-Weine sind für Winzer interessant, die den Wein abrunden, komplexer gestalten und mit würzigen Aromen bereichern möchten. In den meisten Fällen handelt es sich hierbei um schwerere Rotweine, deren kraftvolle Tanninstruktur oft als „ruppig“ empfunden werden kann. Aber auch Weißweine, die weniger spritzig und eher cremig erscheinen sollen, meist Burgundersorten oder Riesling, eignen sich hervorragend für den Holzfassausbau und können wunderbare Speisebegleiter sein. Weine, die im Holzfass ausgebaut wurden, profitieren oft von längerer Reifezeit und sind besonders in der gehobenen Gastronomie als Speisebegleiter beliebt.
Amphoren-Weine sind ideal für diejenigen, die den ursprünglichen Ausdruck der Traube und des Terroirs bewahren möchten. Diese Weine sind oft rustikaler, aber einzigartig in ihrer Klarheit und Struktur. Zudem geben Amphoren weniger Eigenaromatik an den Wein ab als das Holzfass, der Wein bleibt also „ursprünglicher“. Durch die spitz zulaufende Form der Amphoren und das Überlassen der Trauben sich selbst verteilen sich die Inhaltstoffe der Traube anders im Wein. So werden weniger Bitterstoffe aus den Kernen gelöst, die sich am Boden absetzten und nicht wie bei der konventionellen Gärung untergerührt werden. Bei Weißweinen aus Amphoren kann der Unterschied besonders deutlich werden. Gibt man diese ebenso als Ganztrauben oder als Maische in das Tongefäß entsteht kein leichter und fruchtbetonter Weißwein, sondern ein deutlich komplexerer Orangewein. Das muss aber nicht immer der Fall sein, da auch lediglich der Most nach der Abpressung ins Behältnis gegeben werden kann.
Winzer wissen um die Vorteile jeder Ausbauart und nutzen diese in vielen Fällen mehrfach aus, indem sie eine Kombination aus verschiedenen Ausbauarten wählen. Viele Weine werden anteilig in verschiedenen Gebinden ausgebaut und anschließend miteinander verschnitten.
Fazit
Letztendlich gibt es kein „besser“ oder „schlechter“, sondern nur unterschiedliche Stilistiken und Geschmäcker. Die Entscheidung für eine der Methoden ist eine bewusste Wahl für einen bestimmten Wein-Charakter - und genau diese Vielfalt macht die Weinwelt so spannend!