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Auf einen Wein mit ... Barbara Widmer, Brancaia

Brancaia besteht aus den drei Weingütern Brancaia (Castellina im Chianti), Poppi (Radda im Chianti) und Brancaia in der Maremma (Grosseto). Trotz der räumlichen Trennung der Güter pflegt Brancaia eine gemeinsame Philosophie: Wein ist ein Naturprodukt höchster Qualität, das maximalen Trinkgenuss bieten soll. Mit einer nachhaltigen Erhaltung der Weinberge und einer Reduzierung des CO2-Ausstoßes von Fahrzeugen erreichen sie jährlich ihre Ziele.

Barbara Widmer, die das Weingut ihrer Eltern seit 1998 leitet, behält über all das den Überblick. Sie nennt sich selbst eine „klassische Modernistin“ und liebt es, Dinge zu kreieren. Dass sie einmal selbst Wein kreiert, hätte sie sich nicht träumen lassen. Das 80 Hektar große Weingut zählt zu den führenden Weingütern der Toskana und erhält jedes Jahr wichtige nationale und internationale Auszeichnungen. Brancaia steht für elegante und komplexe Weine mit starker toskanischer Identität.

Barbara, war Dir schon als Kind klar, dass Du Winzerin werden willst und das Weingut übernehmen wirst?

In meiner Familie war gutes Essen und Trinken und alles, was dazugehört, schon immer sehr wichtig – ein essenzieller Bestandteil unseres Familienlebens sozusagen. Als Kind und auch noch als Teenager, hatte ich viele verschiedene Interessen und Ideen, aber auf einem Weingut in der Toskana zu leben, gehörte ganz bestimmt nicht dazu. Vor und nach meiner Matura (Abitur) habe ich immer wieder in unserer Weinhandlung Brancaia in Zürich mitgearbeitet. Trotz oder vielleicht sogar wegen der vielen Berührungspunkte mit dem Wein hatte ich seinerzeit beschlossen, Architektur zu studieren. Nach vier Semestern hatte ich so etwas wie eine kreative Krise und zog mich für zwei Monate auf das familieneigene Weingut in der Toskana zurück. In dieser Zeit entflammte meine Leidenschaft für den Wein endgültig. Ich kehrte nach Zürich zurück, brach mein Architekturstudium ab und erlangte das Weinhändlerdiplom. Anschließend begann ich ein einjähriges Praktikum auf Domaine des Balisiers in Genf. Domaine des Balisiers war damals mit rund 25 ha der grösste biologische Weinbetrieb in der Schweiz. Ich arbeitete sechs Monate im Weinberg und sechs Monate im Keller. Danach absolvierte ich mein Oenologiestudium an der Fachhochschule in Wädenswil. Seit 1998 lebe ich auf dem Weingut Brancaia. Ich bin für alle drei Betriebe verantwortlich – eine Aufgabe welche mich jeden Tag aufs Neue herausfordert.

Wie würdest Du die Philosophie vom Weingut Brancaia beschreiben?

Wir fühlen uns nur der Natur und der Qualität gegenüber verpflichtet – nur mit erstklassigem Traubengut kann man ein Spitzenprodukt erzeugen. Wir haben in den letzten Jahrzehnten gelernt, dass je mehr wir die Natur respektierten, desto gesünder ist der Rebstock ­– und umso besser und ortstypischer wird seine Frucht. Dass ökologischer Weinbau und kompromisslose Qualität 100 % kompatibel sind, war eine der wichtigsten und auch schönsten Erkenntnisse für uns. Wir schätzen und respektieren Althergebrachtes sehr, haben aber gleichzeitig keine Berührungsängste, darüber hinauszugehen.

Was macht Eure Weine aus?

Seit fast 40ig Jahren sind insbesondere drei Faktoren für den Erfolg von Brancaia verantwortlich: hochwertigste Trauben, eine besondere Leidenschaft für das Terroir sowie unser Enthusiasmus für die Handwerkskunst der Weinherstellung. Brancaia steht für elegante, harmonische und komplexe Weine mit starker toskanischer Identität. Wir sehen uns als klassische Modernisten mit größtem Respekt vor dem Terroir.

Welcher ist Dein persönlicher Lieblingswein von Brancaia und warum?

Ich habe zu jedem Brancaia Wein eine sehr persönliche Beziehung. Einige sind schon länger Teil unseres Portfolios, während andere erst später dazugekommen sind. Alle sind sehr stark mit meinem Werdegang verbunden – so wie ich Teil von ihnen bin, sind sie Teil von mir. Ich denke es versteht sich von selbst, dass ich nicht ein Wein bevorzuge – das wäre fast, wie wenn man als Mutter ein Lieblingskind hätte.

Welche Personen haben Dich in Deinem Leben bisher am meisten beeinflusst?

Wahrscheinlich meine Eltern. Sie haben mich modern erzogen und mir aufgezeigt, dass man auch als Mädchen im Leben alles erreichen kann. Sie unterstützen mich noch heute mit ihrem Vertrauen und ihrer Großzügigkeit.

Wie geht Ihr im Weingut mit der aktuellen Situation um? Denkst Du, dass Corona das Weingeschäft / die Art, wo und wie Wein getrunken wird, nachhaltig verändern wird?

In der Produktion hat sich nicht viel verändert. Wir durften glücklicherweise jederzeit im Weinberg und im Keller arbeiten und konnten daher die Produktqualität immer gewährleisten. Brancaia wird weltweit in rund 40 Märkten vertrieben. In vielen Ländern ist die Gastronomie ein wichtiger Abnehmer, die teilweise stark unter Corona gelitten hat und weiterhin leidet. Doch die meisten unserer Partner haben sich schnell auf die neue Situation eingestellt und neue Wege gefunden, um dies mindestens teilweise kompensieren zu können. Genauso wie auch wir auf dem Weingut uns adaptieren mussten. So haben wir beispielsweise regelmäßigen Kontakt mit Brancaia Liebhabern auf der ganzen Welt über Webinars. Und in der Zwischenzeit können wir auch wieder Besucher auf dem Weingut empfangen. Glücklicherweise hat die Lust, schöne Weine zu trinken, mit Corona eher zugenommen.

Was ist Deine größte Passion neben Wein?

Kreieren…Essen, Möbel, Häuser, Bilder, Garten…etc.

Was wäre aus Dir geworden, wenn Du nicht Winzerin geworden wärst?

Gute Frage. Da ich auch heute immer noch sehr gerne Möbel designe und male, hätte ich nach meiner kreativen Krise vielleicht dem Architektur Studium nochmals eine Chance gegeben. Jetzt habe ich viel Spaß in meinem Beruf und mit meinen Hobbys.

Mit wem würdest Du gerne mal ein Glas Wein trinken und warum?

Ich halte es mit Menschen wie mit dem Wein, sie müssen nicht bekannt sein, sondern Charakter haben, d.h. in sich harmonisch sein und nicht mehr sein wollen, als sie wirklich sind.

Wie lautet Dein Lebensmotto?

Wein hat viele schöne Seiten. Eine davon ist, dass man nie ganz ankommt. Es gibt immer wieder Möglichkeiten, sich weiter zu entwickeln und zu verbessern ? – denn Stillstand ist Rückschritt. Ich schätze und respektiere alte Traditionen sehr und habe gleichzeitig keine Angst davor, über diese hinauszugehen und auch neue, unorthodoxe Wege einzuschlagen.


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